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Kastration - warum?

„Kastration und Tierschutz" lässt sich das überhaupt in einem Atemzug nennen?
Das Tierschutzgesetz erlaubt ausdrücklich eine Unfruchtbarkeitmachung zur Haltung des Tieres (ohne nennen von Gründen) – d.h. Kastration ist vom Tierschutzgesetz ausdrücklich legal.

Tierschutzgesetz § 6, Abs. 1, Satz 2, Nr. 5:

(1) Verboten ist das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen oder das vollständige oder teilweise Entnehmen oder Zerstören von Organen oder Geweben eines Wirbeltieres. Das Verbot gilt nicht, wenn (...)

5. (...) zur Verhinderung der unkontrollierten Fortpflanzung oder - soweit tierärztliche Bedenken nicht entgegenstehen - zur weiteren Nutzung oder Haltung des Tieres eine Unfruchtbarmachung vorgenommen wird.

Leider kommt es vor, dass Kastrationsgegner Nr. 5 weglassen, obwohl dies eine Verfälschung des Gesetztestextes darstellt, um Hundehalter zu verunsichern.

Die Kastration ist im Ausland (südliche und östliche Länder, auch innerhalb Europas wie zum Beispiel Spanien) ein Beitrag zum aktiven Tierschutz. Mit Kastrationskampagnen kann eine ungewollte, unkontrollierte Tierpopulation verhindert und weiteres Tierelend vermieden werden. Eine begleitende Aufklärung in den entsprechenden Ländern ist zwingend notwendig, denn immer noch wird die Kastration als etwas Unnatürliches angesehen und abgelehnt. Statt dessen wird der unerwünschte Nachwuchs lieber ausgesetzt, herrenlos und elend seinem Schicksal überlassen, getötet oder in einer Perrera (Tötungsstation) abgegeben.

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Kastrationen in Deutschland, wie lässt sich das begründen?
In Deutschland fand, und findet, eine erfolgreiche Aufklärung der Hundehalter zum Thema Kastration statt. Viele Hunde werden mittlerweile kastriert, ungewollte Würfe werden nur noch selten in Kauf genommen. Gegner der Kastration behaupten auf das deutsche Tierschutzgesetzt Bezug nehmend, unkontrolliert fortpflanzen könnten sich nur Katzen mit Freigang, nicht aber ein Hund unter menschlicher Kontrolle. Der Trieb ist jedoch in den meisten Fällen dominanter und stärker als die menschliche Kontrolle. Viele Hundehalter sind überfordert mit der sich daraus entwickelnden Eigendynamik und letztendlich leidet das Tier unter der menschlichen Inkompetenz.
Wir sehen die Aufklärung, „Ja"- zur Kastration „besser Verhüten als Töten", als Tierschutzgewinn. Dank Aufklärung trifft man in Deutschland nicht mehr auf ausländische Verhältnisse: herrenlose, streunende Hunde, welche sich schnell fortpflanzen (eine Hündin kann 2x im Jahr werfen) und anschließend getötet werden "müssen".
In Deutschland stehen mittlerweile die Vermeidung von unkontrolliertem Züchten mit Rassehunden und medizinische Gründe für die Kastration im Vordergrund. Auch bei der tierartgerechten Gruppenhaltung der Hunde (z.B. im Tierheim, Hundehotel, Hundehort, Hundeschule, Hundetreffen) tun sich die kastrierten Hunde leichter, gegen unerwünschten Nachwuchs ist gleichzeitig Vorsorge getroffen.

Was wird bei einer Kastration gemacht?
Bei einer Kastration werden dem Rüden durch einen kleinen, eher harmlosen Eingriff unter Vollnarkose die Hoden entfernt und der Samenstrang durchtrennt. Bei der Hündin ist ein Bauchschnitt zur Entfernung von Eierstöcken und Gebärmutter notwendig (Ovariohysterektomie). Es besteht die Möglichkeit, dass die Gebärmutter und damit verbunden eine Resthormonproduktion erhalten bleibt. Aber die bei einer unkastrierten Hündin auftretenden Krankheiten machen meist ein komplettes Entfernen von Gebärmutter + Eierstöcken erforderlich.

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Jede Operation und Vollnarkose birgt ein Risiko. Wundschwellungen und Nachblutungen können vorkommen und eventuell weitere Behandlungen folgen lassen.

 


Medizinische Gründe für eine Kastration bei einem Rüden

  • eitrige Vorhautentzündungen
  • Veränderungen am Hoden
  • Einhodrigkeit (in der Bauchhöhle verbliebener Hoden)
  • verschiedene Tumorerkrankungen
  • wiederkehrenden Problemen mit der Prostata und Enddarm
  • massiver Stress durch heiße Hündinnen in der Nachbarschaft
  • massiver Stress durch unkastrierte „Rivalen" in der Nachbarschaft

 

Medizinische Gründe für eine Kastration bei einer Hündin

  • Gesäugetumore (Mammatumoren)*
  • den Hund belastende Scheinträchtigkeiten**
  • Gebärmutterentzündung (Endometritis)***
  • Eierstocktumore oder -zysten
  • mit Zyklusstörungen und gestörter Fruchtbarkeit einhergehende Eierstockerkrankungen (verlängerte Hitze oder stark verkürzter Zyklus)
  • Scheidenvorfall (durch hormonellen Einfluss kommt es während der Hitze zu übermäßiger Verdickung der Scheidenschleimhaut und das Gewebe „fällt" zwischen den Schamlippen nach außen)
  • Diabetes mellitus
  • Schilddrüsenunterfunktion (verlängerter Zyklus)
  • Morbus Cushing (verlängerter Zyklus, Unfruchtbarkeit)
  • zyklusabhängigen Verhaltensstörungen (Aggressivität)

* das regelmäßige Abtasten der Gesäugeleiste ist notwendig, um Mammatumore rechtzeitig zu erkennen (treten in der Regel ab dem 9. Lebensjahr auf). Erkennt man bösartige Geschwülste zu spät, findet man sehr häufig Metastasen in anderen Organen. Bei Frühkastrationen (vor der ersten Läufigkeit) sinkt das Risiko von auftretenden Mammatumore gegen Null, während hormonelle Läufigkeitsunterdrückung diese begünstigen.

** eine Scheinträchtigkeit ist evolutionsgeschichtlich begründet: Nur die Leitwölfin (Alpha-Hündin) wird gedeckt und bekommt Junge. Die anderen Hündinnen des Rudels bilden Milch, um eine ausreichende Versorgung der Welpen zu sichern. Scheinträchtigkeiten können die Hündin physisch wie psychisch stark einschränken und werden in so einem Falle krankhaft.

*** Eine Gebärmutterentzündung zeigt sich oft erst in fortgeschrittenem Stadium – wenn man sie erkennt, ist es für manche Hündin bereits zu spät. Je älter die Hündin, desto eher ist die Wahrscheinlichkeit an einer Gebärmutterentzündung zu erkranken. Durch die Vereiterung der Gebärmutter werden Lebensfunktionen eingeschränkt, der Körper von innen vergiftet. Diese Gefahr ist auch bei älteren Hündinnen höher einzuschätzen als ein Narkoserisiko. Erfahrungsgemäß ist es gerade für die älteren Hündinnen eine Befreiung und sie blühen regelrecht auf, wenn der desolate Uteruskörper entfernt wird.


Trotz plausibler Argumente
führt das Thema Kastration des Hundes vielfach zu emotionalen Diskussionen. Interessanterweise stellt sich die Frage bei dem Kaninchen der Kinder, dem Pferd und der Hauskatze erst gar nicht. Die Kastration des Hundes jedoch, muss vielfach erst im Familienrat oder mit manchem Tierarzt ausdiskutiert werden. 

 

Häufig gestellte Fragen zum Thema Kastration

Ist eine Sterilisation nicht sinnvoller und schonender für den Hund?
Nein, Sterilisationen (Durchtrennung der Keimwege zur Keimdrüse) sind bei Hündinnen oft mit Komplikationen und Nachoperationen verbunden. Außerdem bleiben die Geschlechtstriebe nach einer Sterilisation erhalten. Eine Sterilisation ist aus medizinischer wie aus Sicht der artgerechten Haltung, nicht empfehlenswert und wird auch kaum praktiziert.

Kastrierte Hunde werden träge, fett und langweilig?
Nein, der Halter trägt die Verantwortung für das Gewicht seines Hundes. Ist er zu dick, muss Futter reduziert werden. Auch das Maß an Bewegung kann vom Halter gesteuert werden. Ein temperamentvoller Hund wird nach der Kastration nicht zur Schlaftablette und ein stoischer Hund wird anschließend nicht zum Bewegungsclown. Grundsätzlich sollte der Hund nicht mit dem Menschen verglichen werden, auch nicht die Symptome nach einer Kastration.

Verändert sich das Fell meines Hundes?
Ja
, der Haarwuchs wird hormonell gesteuert, folglich kann es zur veränderten Fellbeschaffenheit kommen. Aber auch hier gilt, aus einem schwarzen wird kein weißer Hund, aus einem Kurzhaar kein Langhaar.

Sind Gründe der Haltungserleichterung akzeptable Argumente?
Ja
, nach der Kastration des Rüden lässt die Produktion von Testosteron nach, dieses Hormon sorgt unter anderem für die „Kampfbereitschaft", das Ausschalten des Konkurrenten für die eigene Fortpflanzung. Ein kastrierter Rüde kann sich zwar genauso aggressiv aufblasen wie zuvor, aber grundsätzlich nimmt sein Ehrgeiz Kämpfe bis zum bitteren Ende auszufechten, ab. Und da wir vor allem in Ballungsgebieten auf engem Raum mit unseren Hunden leben, entspannt dies alle Beteiligten. Beim Rüden sinkt das Sexualverhalten: Unruhe und Wolfsgeheul bleibt aus, das Futter schmeckt wieder und streunen wird uninteressant. Bei Hündin vermeidet man streunen (auf der Suche nach potenten Rüden) und unerwünschten Nachwuchs, vor allem wenn Rüden und Hündinnen gemeinsam gehalten werden. Auch bei Hündinnen sinkt die Agressionsbereitschaft (Hündin während der Scheinträchtigkeit).

Können Erziehungsfehler durch eine Kastration gemildert werden?
Ja und Nein
. Nicht hormonell gesteuerte Verhaltensprobleme bleiben auch nach einer Kastration bestehen. Fehler, welche der Hundehalter in der Erziehung begangen hat, werden durch eine Kastration nicht aufgehoben. So bleibt der an der Leine pöbelnde Hund, weiterhin kläffend. Das Interesse beim Halter (oder eigenen Rudel) zu bleiben und der Gehorsam bei Rückruf kann jedoch nach Kastration verbessert sein – der Jagdtrieb wiederum bleibt unverändert.


Geschlechtsreifer Hund, was bedeutet das für Hund und Halter

Die Hündin wird in der Regel zweimal im Jahr läufig (Intervall: durchschnittlich 6-7 Monate) und ist dann fortpflanzungsbereit.
Das bedeutet für Hund und Halter: 2x im Jahr Isolation um ungewollten Nachwuchs zu vermeiden. Man muss mit Besuchen "liebestoller" Rüden rechnen, die vor der Haustüre auf ihre Gelegenheit warten.

Der Rüde ist nach Eintritt der Geschlechtsreife das ganze Jahr über zur Paarung bereit.
Das bedeutet für Hund und Halter: das ganze Jahr in Lauerstellung um Positionierungskämpfe und ungewollten Nachwuchs zu vermeiden.

Ist der Rüde geschlechtsreif, pubertierend, steigt sein sexuelles Interesse und erste Paarungsversuche werden durchgeführt, das Markierverhalten beginnt.
Das bedeutet für Hund und Halter: der Trieb ist dem Spiel vorgestellt, d.h. das Bällchenspiel oder Ähnliches, wird beim Auftauchen einer interessanten Hündin oder von männlichen „Rivalen" uninteressant = sinkender Gehorsam.

Bei der Hündin wird die Geschlechtsreife durch die erste Läufigkeit (Hitze) sichtbar, manchmal nur erkennbar durch intensives Belecken der Genitalregion, auffällig mehr urinieren (markieren) und Interesse an und von Rüden.
Das bedeutet für Hund und Halter: 3 Wochen Isolation, der Trieb ist dem Spiel vorgestellt, d.h. „Frau sucht Mann" = sinkender Gehorsam.

Eine in die Jahre gekommene, ältere Hündin weist im Unterschied zu uns Menschen bis zum Lebensende einen Sexualzyklus auf. Eine Hündin kommt also nicht in die „Wechseljahre". Die Zyklen ihrer Läufigkeit treten jedoch schwächer ausgeprägt, in größeren und manchmal auch unregelmäßigen Abständen auf.
Das bedeutet für Hund und Halter: ein Leben lang 2x jährlich Isolation (bzw im Alter nicht mehr so häufig).

 

Zusatzinfo
Zyklusphasen der Hündin

  • Vorbrunst, erste Phase der Läufigkeit, anschwellen der Scham (Vulva), blutiger Scheidenausfluss (Aufbaublutung), Dauer zwischen 3 und 20 Tagen 
  • Brunst, Deckbereitschaft der Hündin („Stehphase"), Seitwärtsstellen der Rute sowie ein Eindrücken des Rückens, Scham schwillt ab, Scheidenausfluss wird leicht rosa bis farblos,

Vorbrunst und Brunst bilden die Läufigkeit der Hündin und dauern im Durchschnitt 3 Wochen.

Kleinbleibende Hunderassen erreichen früher die Geschlechtsreife als Vertreter großer Rassen (Rüden zwischen dem 5. und 8. Lebensmonat, Hündinnen zwischen dem 6. und 12. Lebensmonat).


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